Mario und Nino Soppelsa haben ihr Büro an der Zürcher Rautistrasse eingerichtet – gleich neben dem Koch-Areal, das nach zehnjähriger Besetzung nun entwickelt werden soll; dort also, wo die Stadt gerade im Umbruch ist. Das kommt nicht von ungefähr: Die Brüder interessieren sich für die Entwicklung von Orten, möchten ihre Geschichte mit architektonischen Mitteln fortschreiben. Aus ihren Entwürfen spricht die Fähigkeit, sich frei von jedem Dogmatismus und ohne Berührungsängste immer neu auf den Kontext einzulassen. Stets sind ihre Bauten das Produkt einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Ort und den Bedürfnissen der Menschen, die diese nutzen möchten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die beiden Architekten nun mit ihrem Team eine bestehende Schulanlage im dörflichen Kontext erweitern wie in Oberrüti oder auf einem topografisch anspruchsvollen Grundstück mit einer neuen Wohnanlage einen sozialen Raum aufspannen wie beim Haus Hagmann in Winterthur. Ihre Haltung macht ihre Gebäude zu massgeschneiderten Einzelstücken, die so an keinem anderen Ort stehen könnten.

 

Mario und Nino Soppelsa sind Wettbewerbsarchitekten aus Überzeugung: Sie lieben es, sich mit immer neuen Aufgaben auseinanderzusetzen. Ihre Leidenschaft, sagen sie selbst, sei der Entwurf, das langsame Herausschälen der bestmöglichen Lösung. Entscheidungen für Materialien oder Konstruktionsweisen treffen sie dabei in Abhängigkeit von den jeweiligen Anforderungen: Mal scheint ihnen ein konsequenter Holzbau der richtige Weg wie beim Neubau des Oberstufenzentrums in Ins, ein andermal das Zusammenspiel von Sichtbeton, Seekiefer und gewellten Aluminiumplatten wie bei der neuen Doppelsporthalle der Schulanlage in Oberrüti.

 

Und doch gibt es ein gemeinsames Element bei allen Projekten des Brüderpaars: ihre dramaturgische Durchbildung. Für das Bahnhofsareal in Wollishofen entwickelten Mario und Nino Soppelsa beispielsweise eine offene Bebauung entlang des Gleisfeldes, bei der sich durch die Setzung der Bauten ein Raumkontinuum mit einer repräsentativen Ankunftssituation und einem sorgfältig ausgestalteten Übergang zum durchgrünten Wohnquartier ergibt. Durch das Öffnen und Schliessen von Platzräumen und Durchgängen sowie die als Charaktere gestalteten Häuser entwickelt sich ein inspirierender Rhythmus – eine Qualität, die man sonst vor allem von historischen Stadträumen kennt.

 

Autor: Elias Baumgarten